Rominger zum Thema "Doping"

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  • #610747
    OWI
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      Ich hatte die letzten 10 Tage keine Zeit hier hereinzuschauen. Nun muß ich sagen, dass die Diskussion auf hohem Niveau weitergegangen ist.

      Mit einer Ausnahme: der Polemik von Ugrumov. Ich frage mich, wie jemand, der so vehement von Gesetzestreue spricht und Fairness fordert, nur so ungenau und unfair sein kann.

      1. Ich habe klar dargestellt, dass eine Legalisierung und Übernahme durch Mediziner diese „in die Pflicht“ nehmen würde. Dass heißt, Sie müßten die Sportler, die sie betreuen genau über Verfahren, Risiken und Nebenwirkungen aufklären. Und sie wären bei nachweisbaren Schäden haftbar. Dies würde gesundheitliche Schäden im Vergleich zu der „Ist-Situation“ (alles läuft unter der Hand) deutlich reduzieren. So war mein Vorschlag gemeint, aber wenn man die moralische Keule schwingt, dann fehlt wohl die Bereitschaft, das zu sehen.

      2. Ugrumov unterstellt, ich wäre für Doping, so lange es nur keinen gesundheitlichen Schaden anrichtet. Abgesehen davon, dass er hier wieder polemisch verkürzt, frage ich mich, warum er dann die anderen Risiken dieses Sports (oder auch anderer Sportarten) ignoriert ? Nirgends zum Beispiel fordert er eine Geschwindigkeitsbegrenzung beim Bergabfahren. Oder gar das Verbot desselben. Und warum hat er so gar nichts zu sagen gegen die z.T. kriminellen Zielpassagen, die man regelmäßig bei Rundfahrten sieht? Die paar Stürze und das bisschen gebrochene Bein, dass dabei regelmäßig herauskommt, stören ihn offensichtlich nicht. So ein Beinbruch ist, scheint´s, gesund. Oder soll unter bzw. über einer bestimmten Aussentemperatur nicht mehr gefahren werden ? Alles kein Thema für Ugrumov. Gesundheitsschädlich am Sport ist nur Doping. Genau: Fabio Casartelli wäre ohne Doping wahrscheinlich 100 Jahre alt geworden…

      3. Er nennt keine vernünftigen und praktikablen Alternativen.

      Unterm Strich bleibt ein sehr schaler Nachgeschmack….

      Gruß

      Karl-Heinz

      #610748
      OWI
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        Noch eine Anmerkung:

        Sinnvoller als alle Jagd nach Dopingmitteln wäre es, klare Obergrenzen bei körperlichen Parametern zu setzen. Das wäre ein wirkungsvoller Schutz für die Sportler.

        Man kann also Doping freigeben aber trotzdem darf zum Beispiel der Hämatokrit 50 % nicht überschreiten. Läge jemand drüber, dann sollte er weiterhin nicht starten dürfen. Das schützt vor Übertreibung und vor Schäden (@ Ugrumov: Warum soll ein Hämatokrit von 51 % schädlicher sein, wenn er auf Epo basiert, als dann, wenn durch Höhentraining hervorgerufen ?) Einen „Mister 60 %“ würde es dann nicht geben.

        Ein gutes Beispiel bietet der Skisprungsport. Dort gab es bis vor zwei Jahren die Tendenz, möglichst leicht Athleten zu erzeugen. Da wurden regelrechte Hungerkuren durchgeführt, die Sportler sahen zum Teil aus wie Magersüchtige. Einige sind übrigens tatsächlich magersüchtig geworden. Nun hat man das Reglement so geändert, dass der Body-Mass-Index eines Springers bestimmt, wie lange sein Sprungski sein darf. Hungert er also, dann sinkt sein BMI, folglich muß er kürzere Ski verwenden. Kürzere Ski aber vermindern den Auftrieb. Folge: Wie derzeit bei der Vierschanzen-Tournee zu sehen, ist die Zeit der fliegenden Skelette vorbei. Eine gelungene Regelung.

        Auch im Radsport gäbe es daMöglichkeiten. Die Hämatokrit-Messung ist da schon mal ein erster sehr guter Schritt. Auch der BMI wäre eine Möglichkeit, könnte er doch der Verwendung von Anabolika und Wachstumshormonen klare Grenzen setzen.

        Meine Thesen zusammengefasst:

        1. Gebt es frei, legt legal in die Hände von Spezialisten, dann läuft es geregelter und besser ab. (@ Veloce: Du hast recht, auch zur Zeit sind ja Ärzte im SPiel. Aber sie sind in keinster Weise gezwungen zu irgendeiner Verantwortung, den Experimenten sind keine Grenzen gesetzt, da sie ja etwas tun, was offiziell niemand tut. )

        2. Schützt die Athleten nicht durch eine Jagd nach Doping (ist, wie sich zeigt ja kein wirksamer Schutz) sondern durch Grenzwerte bei körperlichen Parametern.
        Das allein auch stellt höhere Chancengleichheit her. Und wenn ihr sie schützt, dann auch vor anderen Gefahren ihres Berufes (Wetterbedingungen, Strassenbelag, etc., etc…)

        Gruß

        Karl-Heinz

        #610749
        OWI
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          Noch eine Anmerkung zu Ugrumov : Warum spricht er nicht über die Belastungen der Fahrerlungen, die durch die Auto- und Motorradabgase entstehen. Radrennen spiele sich ja nicht in frischer Luft ab. Eigentlich müßte man die Arbeit der Motorradkameras einschränken. So zum Beispiel wenn die Fahrer ganz aus der Nähe aufgenommen werden, d.h. das Motorrad direkt vor ihnen fährt. Ist nicht gesund, glaub ich… Oder will er mir weismachen, dass der Lärm von drei oder vier Helikoptern, die über dem Fahrerfeld schweben harmlos ist ?

          Es sind schlicht und einfach diese Zweigleisigkeiten, diese Scheinheiligkeit, diese blinden Flecken, diese Heuchelei, im besten Fall diese Naivität, die mich so stören.

          Davon ausgenommen: Veloce stanco, weil er konsequent ist und sagt, dass ihn weniger Show (ich fasse das mal so plakativ zusammen) nicht stören würde. Wenn er dann auch noch zu denen gehört, die auf einem Sportler nicht herumhacken, wenn es mal nicht so läuft, dann noch mehr Hochachtung.

          Das ist nämlich auch so eine Sache: Wenn Sportler siegen jubeln alle sie hoch. Wenn es mal nich nicht ganz so toll läuft, dann fragen alle Sporreporter dieser Welt: „Was haben Sie falsch gemacht ? Wer oder was ist verantwortlich ?“

          Wenn ein österreichischer Skifahrer obenauf ist, dann sind die Reporter (und das Volk) mit ihm per Du. Dann wird aus „Reinhard“ eben der „Reini“. Unser aller „Reini“ natürlich, Staatseigentum der österreichischen NAtion. Wenn er verliert, dann fragt der Reporter: „Herr Schönfelder, warum…?“ Und er fragt es in einem Ton, der zeigt, dass er eigentlich fragt: „Warum, Sie Tepp, gewinnen sie derzeit nicht, so wie der österreichische Steuerzahler das erwartet ?“

          DAS ist doch die Sportwelt: Nur die Sieger von heute zählen. Schon die Sieger von gestern, die heute verloren haben, werden geprügelt, ganz egal, was sie schon geleistet haben mögen.

          Gruß

          Karl-Heinz

          #610750
          Veloce stanco
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            OWI,

            Ugrumov Polemik vorzuwerfen ist so eine Sache.
            Polemiker suchen keinen Konsens.

            Doping ist ein Thema wo auch mir Konsens schwerfällt. Ich erkenne den Sinn nicht in der Geschichte. Du sprichst in deiner 2. Mail das Beispiel Skisprung an und die Auswirkung der der eingeleiteten Massnahmen gegen die frühere Massenbullemie. Die Sportart ist heute genauso interessant wie früher auch. Durch die weniger anzusehenden Hungerhaken ist sie gar etwas ästhetischer geworden.

            Interessant ist auch die These Doping freizugeben und dennoch Grenzwerte einzuführen. Wenn diese dann überschritten werden kann der Sportler es auf den unfähigen Arzt schieben. Welche Auswirkung hat dies dann auf die „Straffindung“. Strafen wird es ja dann dennoch geben, oder sehe ich das falsch?

            Die Hinweise auf die sonstigen Nebenwirkungen des Profiradsports sind meiner Einschätzung nach nicht gelungen. Zu diesem Sport gehört das Risiko das auf dem Rad im Rennen entsteht. Der Hinweis auf die dämmlichen und gefährlichen Zielankünfte ist allerdings etwas, bei dem ich mich anschliessen muss. Die Bergabfahrten nicht, die gehören dazu. Genauso wie das Berghochgefahre.

            Der dreifache Rittberger kann auch zum Beinbruch führen und in so einer Eishalle kann man sich auch regelmässig was an der Blase holen, aber diese Risiken gehören auch zum Eiskunstlauf. Motivationsfördernder Schnee, den man sich durch die Nase zieht um die stressigen Trainingseinheiten durchzustehen allerdings nicht.
            Kannst Du mit dem blossen Auge (ohne Zeitlupe) den dreifachen vom vierfachen Rittberger unterscheiden? (gibts den überhaupt?)

            Der Fussballer setzt sich bei jedem Kopfball einem Risiko aus. Das Hirn der Kicker wird ordentlich durcheinander geschüttelt. Dies ist ein Risiko dieses Sports. Muskelfördernde Substanzen aus der Chemiefabrik jedoch nicht.

            Anders rum gesagt bergen die Sportarten doch auch schon ohne das „Zusatzzeugs“ genügend Risiko und Spannung, so das meiner Einschätzung nach die „illegale Ergänzung“ nicht mehr als ein Nachtisch bei einem 10-Gänge-Menü zu sehen ist. Sieger, Seriensieger und Dauerloser gibts übrigens auch ohne Stoff. Zu befürchten ist aber, das die Leute die mit 1% weniger Talent, Ehrgeiz, Fleiss und Trainingsbereitschaft die Leute besiegen können, die dieses 1% mehr haben aber zu wenig auf der Kante um sich selbst das legale Zeugs zu beschaffen. Und siehe da, wer ist denn nu der Sieger? Der Athlet oder der Chemoonkel? Selbst wenn Doping legalisiert wird, wird es sich nicht jeder leisten können, richtig OWI?


            pompa pneumatica

            #610751
            Breukink
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              Quote:
              Original von Veloce stanco
              Interessant ist auch die These Doping freizugeben und dennoch Grenzwerte einzuführen. Wenn diese dann überschritten werden kann der Sportler es auf den unfähigen Arzt schieben. Welche Auswirkung hat dies dann auf die „Straffindung“. Strafen wird es ja dann dennoch geben, oder sehe ich das falsch?

              Das kann man so lassen, wie es jetzt mit dem HTC ist.
              Wenn einer den Grenzwert überschreitet, darf er im Interesse seiner Gesundheit für einige Zeit nicht starten.
              Da werden die schon aufpassen.

              Ich kann OWI in allen Punkten zustimmen.
              Die Frage für mich ist nur:
              Ist denn technisch möglich, in allen dopingrelevanten Bereichen Grenzwerte zu erstellen?

              #610752
              OWI
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                @ Veloce

                Ich denke doch, dass man selbst bei diesem Thema zu Konsensen kommen kann. Der kleinste gemeinsame Nenner ist ja zum Beispiel, dass keiner hier mit der momentanen Situation auch nur annähernd zufrieden ist. Die Schlußfolgerung daraus ergibt sich automatisch: es sollte eigentlich so nicht weitergehen. Dass die „Lösungsvorschläge“ sehr differieren, stimmt, aber letztendlich stellen sich zwei Grundrichtungen heraus. Und hier wäre an sich die Idee von einem Radsport der „zwei Klassen“ doch ein Konsens oder ?

                Zu der Sache mit den Skispringern: Ich wollte sagen, dass es nicht sinnvoll gewesen wäre, zu kontrollieren, wieviel ein Springer isst und ihn zu bestrafen, wenn man ihn beim Hungern oder provozierten Erbrechen erwischt (Analogon zu den Dopingkontrollen). Man hat einfach mit der BMI-Sache eine geniale Regel eingeführt, durch die es sich nicht mehr lohnt weniger Gewicht zu haben. Daher braucht man es mit dem Hungern nicht mehr zu übertreiben. Und das wurde erreicht ganz ohne Strafe !!!!

                Und das macht ja auch mit den HTK-Grenzwerten Sinn. Und meiner Meinung nach wäre das auch bei den Anabolika und Wachstumshormonen, letzlich auch beim Cortison sinnvoll. Denn diese Dinger werden hauptsächlich eingesetzt, um die Regeneration zu fördern. Wenn man mit dem BMI z.B. erreicht, dass es dabei bleibt und das keine Muskelpakete gezüchtet werden, dann könnte man auch hier dem Ganzen eben trotz Legalisierung vernünftige Grenzen setzen.

                Zu Breukinks Frage, ob es überal möglich ist, solche Grenzwerte einzuführen, kann ich keine klare Antwort geben außer, dass man sich darüber in all den Bestrebungen, neue Tests zur Jagd der Dopingsünder zu erfinden, noch nicht wirklich intensiv Gedanken gemacht hat.

                Zu Veloces Statement, dass sich legalisiertes Doping gar nicht alle leisten könnten: das ist wohl richtig, aber wahrscheinlich gibt es genügend talente, die nie etwas werden, weil sie sich kein vernünftiges Rad leisten können. Also kein neues Kriterium in dem Sinne.

                All meine Überlegungen gelten allerdings nur immer unter der Voraussetzung, dass man den Sport so möchte, wie er jetzt ist. Deinen Standpunkt kann ich voll verstehen (und das ist ja auch eine Art Konsens), er ist in sich schlüssig. Du brauchst nicht das Mega-Über-Drüber, daher kannst Du nur gegen alles Doping sein.

                Mich, das habe ich ja in einem Vorstatement irgendwo gezeigt, fasziniert eben vor allem das Grenzwertige, das Ungewöhnlich, ich gebe es ja zu. Und offensichtlich bin ich nicht alleine damit. Ich erinnere mich an eine Etappe der Österreich-Rundfahrt vor ca. 7 Jahren. Damals waren die ersten Profiteams bei dieser Rundfahrt, die hauptsächlich von den österreichischen Top-Amateuren bestritten wurde. Die ETappe war ein Rundstreckenrennen am WM-Kurs von 1987 (wo ich wohne). In den ersten Runden versuchten die Amateure das Rennen zu machen. Das war schön anzusehen und „nett“. Aber als dann die Profis ernst machten und das Rennen in die Hand nahmen, das war dann erst wirklich faszinierend für mich. Ein neues Rennen war das dann. Und ich gebe zu, diese Magie lässt mich nicht los.

                Deswegen werden wir beide uns nie völlig treffen. Trotzdem können wir halbwegs vernünftig diskutieren.

                Der Radsport allerdings verträgt diese Ambivalenz nicht. Denn die Funktionäre, Veranstalter und Sponsoren wollen die Leistungen und das Spektakel so wie ich, möchten aber gleichzeitig die Dopingfreiheit so wie Du. Beides zusammen ist aber nicht möglich.

                Gruß

                Karl-Heinz

                #610753
                opera
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                  @OWI
                  und kinder- und jugend-doping?

                  #610754
                  Veloce stanco
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                    OWI,

                    wenn ich mir das was Du geschrieben hast so recht überlege ändert sich nach deinem Vorschlag rein garnichts. Du plädierst für eine Legalisierung des Dopings unter Berücksichtigung von Grenzwerten. Das bedeutet doch, das irgendwann mal eine Liste mit allen erlaubten Mittelchen, vom 1-Androstendiol bis zum Zilpaterol und wie das Krimskrams alles heisst auf den „Markt“ kommt und dahinter taucht dann ein in mg, ug etc pro Liter Blut angegebener Wert auf.
                    Nun, da das ja jetzt legal ist, wir den „Menschen“ als solches ja kennen, was wird wohl passieren?
                    „Sag mal Doc. (nicht Du, der Teamarzt), das Zeugs ist ja alles schön und gut, aber gibts net auch etwas was mir vielleicht hilft mich von der Masse abzuheben, was jetzt nicht auf der Liste da steht?“
                    Ich möchts mal so ausdrücken, der Mensch ist ja immer auf der Suche nach Innovation. Wird die legale Liste dann ständig erweitert? Und wie will man dann den Menschen bestrafen (wenn man das dann überhaupt noch will), der sich in Bezug auf Leistungssteigerung innovativ verhält?

                    CHAOS sag ich Dir. Und weiterhin eine nicht befriedigende Situation.


                    pompa pneumatica

                    #610755
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                      @Owi

                      Du vermengst alles zu einem Brei und quetscht deine Schlussfolgerung aus. Wenn man deine Schlussfolgerungen umsetzen würde, gäbe es keine Verbesserung.

                      Der BMI, der hier als Stein des Weisen präsentiert wird, ist nur die Reaktion auf das Hungern. Er benachteiligt trotzdem, den von Natur aus Dünneren gegen den Dickeren.

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