Bernd Schilanski Magdeburger Ostmetal-Legende.
Ich habe heute ja auch schon mit Charlie Ludwig gesprochen…
Ich hoffe, er hat dasselbe erzählt wie ich! (lacht)
Fangen wir einfach mal ganz vorne an. Wie hat Deine musikalische Karriere begonnen?
Vor MCB war ich bei QUINTESSENZ, REFORM, beim ROCK’N’ROLL ORCHESTER, bei den KLOSTERBRÜDERN und bei MAGDEBURG.
Dort hast Du Charlie kennengelernt?
Als Pitti (Gisbert Piatkowski – Anm. des Verf.) und Richie (Rüdiger Barton – Anm. des Verf.) zu CITY gingen, kam Charlie als neuer Gitarrist zu MAGDEBURG. Dann ist die Band ja verboten worden und ich hatte ein ganzes Jahr Berufsverbot. Ich habe aber heimlich angefangen, wieder zu spielen und wir haben eine Band zusammengestellt, die SHAKIN’ STEVENS und sowas gemacht hat. Aus diesem Projekt wurde dann das ROCK’N’ROLL ORCHESTER. Während dieser Tour im Mai 1983 hatten Charlie und ich die “Heavy Metal Hour” auf dem englischen Armee-Sender “BFBS” gehört und aufgenommen. Wir waren so heiß auf die Musik, daß wir selber Heavy Metal spielen wollten und haben uns einen Bassisten gesucht. Erst wollten wir den späteren PRINZEN-Bassisten Mathias Dietrich, der damals noch ganz jung war und als eine Art Geheimtip galt, aber der wollte lieber Pop machen. Also haben wir andere Leute angesprochen und dann lief uns im September im Magdeburger “Cafe Impro” (an welches das “Impro im Stadtpark”-Festival erinnern wollte – Anm. des Verf.) Mike Demnitz über den Weg. Mit ihm habe ich 1977 schon ein Jahr lang bei REFORM zusammengespielt. Wir haben ihn gefragt, ob er Interesse hätte und er hat zugesagt. Mike wußte zu diesem Zeitpunkt von Heavy Metal eigentlich gar nichts, denn die Dresdener wußten sowas immer nicht. (grinst) Also haben wir ihm die ganzen Bänder mitgegeben, da ist der natürlich ohnmächtig geworden! (lacht) Die ganzen Sachen wie SAXON, SAMSON, JUDAS PRIEST, MOTÖRHEAD oder Y&T haben wir uns andauernd angehört und uns mit der Musik beschäftigt. Wir wollten jetzt Heavy Metal spielen und haben schon erste eigene Titel gehabt. Wir haben uns dann in Magdeburg getroffen und sind bei der KGD Magdeburg vorstellig geworden, aber die konnten damit nichts anfangen und so wurde das nichts. Mike sagte, daß er in Dresden einen Diskotheker (Steffen Wünsche – Anm. des Verf.) mit großer Anlage und Proberaum kennen würde, den er dann gefragt hat. Das war so im August/September und wir konnten dann dessen Anlage und dessen Proberaum nutzen, der sich in der Semper-Oper befand, die gerade dort gebaut wurde. Wir haben dann jeden Tag geprobt und im November 1983 angefangen, auf den Dörfern zu spielen. Da haben wir aber gemerkt, daß das nicht funktioniert, weil das für die Leute noch zu neu war. Der DJ, der gleichzeitig auch unser Manager war und das Roadie-Team professionell zusammengestellt hatte, sagte: “Wir müssen an der Ostsee spielen!” Er ist dann gleich im Februar/März hochgefahren und hat uns ein paar Muggen klar gemacht. Es gab zwar nicht viel Geld und wir mußten uns in Zinnowitz auf dem Zeltplatz einquartieren, aber von da an ging das richtig ab. Das war der Anfang von MCB, denn das hat sich herumgesprochen und danach haben wir eigentlich überall gespielt. Die ganzen Rundfunk-Produktionen kamen dann alle so peu-a-peu.
Weißt Du noch, wie es damals zum Mitschnitt des Konzertes in Schönebeck kam? Das war ja ein Riesen-Popularitätsschub für Euch.
Das war eine spontane Idee. Im Januar ’85 wurde vom Produzenten Walter Cikan gemunkelt, “Amiga” hätte die Absicht, eine Heavy Metal-Platte zu produzieren. Die haben sich aber ewig nicht ausgemehrt! Also haben die Leute im Rundfunk das Konzert auf eigene Kappe mit einem 16-Spur-Truck aufgenommen. Das war keine Planung, sondern spontan. “Amiga” hat damals noch ein bisschen Schiss gehabt, denn da gab es tausend Gründe, warum eine Heavy Metal-Platte damals nicht veröffentlicht werden konnte. Der Rundfunk hat dieses Konzert einfach mitgeschnitten und das wurde dann auch in den Wertungssendungen vorgestellt. Von da an kannten uns alle in der DDR und dann ging es so richtig ab.
Ich hatte im letzten Heft auch ein Interview von Lutz Schramm aus Radebeul, wo Ihr im Sommer 1985 ein paar Songs im Schwimmbad aufgenommen habt. Wer ist denn auf diese bis heute sicher einmalige Idee gekommen?
Diese Idee entstand während der Tour. Wir wollten so klingen wie MOTÖRHEAD, haben aber nicht gewußt, wie wir das machen sollten. Wir haben deswegen mit den Rundfunk-Leuten gesprochen und die meinten, das kriegen wir nicht hin. Irgendjemand hatte dann diese blöde Idee, daß in Radebeul gerade das Schwimmbad leer gepumpt wurde und wir es ja mal versuchen könnten. Die haben da sogar einen richtigen Kunstkopf für Hörspiele aufgestellt und unsere Anlage mit rein… (lacht) Das war eher eine spontane Idee.
Mit diesen Songs sollte dann eine “Amiga”-LP von MCB erscheinen, oder?
Ursprünglich sollte noch 1985 eine LP mit den fünf Studio-Songs “Kontaktclub”, “Ich bin ich”, “Hannes”, “Durch Eis und Schnee” und “Hexenjagd” sowie den Live-Aufnahmen von Schönebeck erscheinen, aber das hat “Amiga” kulturpolitisch nicht durchbekommen. Später war eine Platte zusammen mit FORMEL 1 angedacht, aber das haben die dann wieder ewig vor sich hergeschoben. Es hätte dann aber auch keinen Sinn mehr gemacht, denn wir sind ja mit Basti Baur eine komplett andere Band geworden, was bei “Heavy Mörtel Mischmaschine” gut zu hören ist. Der Rundfunk hat aber unser Konzert in Görlitz am 13.06.1986 zusammen mit FORMEL 1 mitge-schnitten und ein paar Tage später bei “Duett – Musik für den Rekorder” gesendet. Wie kam es eigentlich zur Neubesetzung des Gitarren-Postens, der ja die zweite Phase von MCB einläutete, weil sich der Sound stark veränderte?
Im Oktober 1985 kam es als Höhepunkt des Kompetenzgerangels zwischen Charlie und Mike zum Bruch, was bei einer Produktion für die Fernseh-Sendung “rund” in einer von Charlie ausgelösten Schlägerei gipfelte. Unser damaliger Produzent Sieghart Schubert distanzierte sich sofort von Charlie und riet uns, den Gitarrenposten neu zu besetzen. Für ihn kam dann ja Basti Baur (Sebastian Baur – Anm. des Verf.) und wir mußten unser ganzes Programm ändern, denn die Sachen von Charlie konnte Basti so nicht spielen. Also haben wir nur zwei, drei eigene Songs behalten und ansonsten MOTÖRHEAD, METALLICA und sowas gespielt. Wir wurden eben ein bisschen härter und thrashiger.
Wann und warum hast Du die Band dann verlassen?
Ich bin im August ’87 abgehauen, weil das Verhältnis zu Demnitz nicht mehr gut war. Wir haben uns über die Zukunft der Band gestritten, denn Mike wollte am liebsten nur noch nachspielen, weil Charlie Ludwig doch eine kompositorische Lücke hinterlassen hat. Zusätzlich wurde Mike Demnitz seinen Ruf als “Rampensau” nicht nur auf der Bühne gerecht. Er hat MCB dann nach meinem Weggang komplett in Dresden angesiedelt.
Kannst Du Dich noch an irgendwelche Anekdoten aus Deiner Zeit bei MCB erinnern?
Na klar! Für einen Dreh zu “Hexenjagd” wurden Kulissen gebaut, aber ich das Video nie gesehen. Ich weiß noch, daß da PETRA ZIEGER mit dabei war und das Ganze dann bei “Stop! Rock” gelaufen ist. Wir hatten damals noch keinen Video-Rekorder, aber vielleicht haben das ja irgendwelche Leute aufgenommen?
Ihr als Musiker müßtet das doch von Rundfunk-Archiv bekommen können.
Dort habe ich nachgefragt, aber da gab es angeblich nichts. Nur den Schönebeck-Mitschnitt haben wir bekommen. Das war aber auch ein geiles Konzert! Die Studio-Aufnahmen für die geplante LP sind damals auch bei “Duett – Musik für den Recorder” gesendet worden.
Viele Fans von damals würden sich wünschen, daß diese Mitschnitte nochmal auf CD erscheinen!
Auch die ganzen DDR-Bands, mit denen wir zusammen gespielt haben…
Das ist jetzt für Dich vielleicht nicht so interessant, aber IC Falkenberg wollte mal bei uns als Gast mitsingen, doch Martin Schreier sagte: “Das kommt nicht in Frage!” Auch ”Bummi” Bursy (Ralf Bursy – Anm. des Verf.) wollte mal bei uns mitsingen, der hatte sich irgendwie verzettelt mit PRINZIP. Wir haben auch viel mit den Berlinern MEPHISTO zusammen gespielt, die waren damals noch ganz jung. Ich kann mich auch noch erinnern, daß wir uns noch ganz am Anfang mal bei Wolfgang Ziegler als Vorband eingekauft haben. Der Magdeburger Veranstalter hat nicht gewußt, was der so macht und dann kamen die ganzen Metal-Fans. Da gab es richtig Ärger! (lacht)
Mit FORMEL 1 haben wir ja auch zusammen gespielt, das war geil! Ich kann mich noch an ein sehr spektakuläres Konzert in der Dresdener “Jungen Garde” erinnern, zu dem achttausend Metal-Fans kamen. Dort war auch massig Polizei mit Knüppeln und so, aber da ist nichts passiert. Mein lieber Herr Gesangsverein, da ging die Post ab!
Da gab es aber leider auch andere Fälle, wo nach Fan-Aufläufen Heavy Metal-Bands verboten wurden.
(nachdenklich) Es war manchmal eine anstrengende, aber überwiegend schöne Zeit.
Wie ging es bei Dir nach MCB musikalisch weiter?
Ich bin dann bei SCHESELONG eingestiegen. Das war damals musikalisch überhaupt nicht mein Ding, aber es mußte ja irgendwie weitergehen. 1990 bin ich nach Hannover gegangen und habe da in einer Cover-Band gespielt. Ich bin dann 1996 wieder zurück nach Magdeburg und war etwa vier Jahre Drummer in einem Rock-Musical, habe nebenher aber immer in unterschiedlichen Bands gespielt. 1999 ging ich mit dem englischen Blues-Gitarristen ROY HERRINGTON auf Tournee und mußte dort sehr modernen Blues spielen, was bis dato nicht mein Revier gewesen ist. Der legte die Latte so hoch, daß ich mich noch einmal in den Proberaum setzen mußte, damit ich seinen Ansprüchen genügte. Dann habe ich noch in einer OZZY OSBOURNE-Cover-Band getrommelt und bin heutzutage wieder mit den KLOSTERBRÜDERN unterwegs.
Ich danke Dir für das aufschlußreiche Gespräch und wünsche Dir und den legendären KLOSTERBRÜDERN viel Erfolg für die Zukunft!
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